Pauline Schnüffel Weihnachtsgeschichte

Freut ihr euch auch schon so auf Weihnachten? Um euch die Zeit zu verkürzen und zu versüßen, habe ich eine Pauline-Schnüffel-Weihnachtsgeschichte für euch geschrieben. Jeden Adventssonntag stelle ich einen größeren Teil ein. Alternativ könnt ihr auch auf meinem Instagram-Blog täglich ein kleines Stück lesen. Viel Spaß!!!

 

 

Plätzchendiebe und andere Betrügereien  

1.     

Pauline Schnüffel kuschelte sich an den warmen Kachelofen im Wohnzimmer. Draußen war es saukalt. Das Einzige, was man da noch machen konnte, war schlafen. Oder sich ein Plätzchen genehmigen. Pauline hatte ihre eigenen aus Kartoffeln, Nüssen und Kastanienmehl. Lecker waren die, nur leider fest verschlossen in einem bunten Karton ganz oben auf dem Regal. Mama Pott wusste genau, dass Pauline sonst alle auf einmal verschlingen würde. „Röffel!“, machte Pauline ganz laut, denn ihr Magen knurrte entsetzlich. Außer ihr schien das aber niemand zu stören. Die ganze Familie Pott war im Stress. Und das nur, weil bald Weihnachten war. „Hallo!“, grunzte Pauline noch lauter. „Hört mich mal jemand? Ich habe Hunger!"

                                                                   

 

2.       Mama und Papa Pott schleppten gerade einen riesigen Tannenbaum ins Wohnzimmer. Das fand Pauline ziemlich toll. Ein bisschen Wald im Haus, der Baum roch auch noch ganz frisch. Pauline liebte den Wald. Er war der zweitschönste Ort in ihrem Schweineleben. Der schönste war natürlich bei den Potts. Die Familie hatte sie als kleinen Frischling bei sich aufgenommen und dafür war Pauline ihnen für ewig dankbar. Außer Mama und Papa Pott gab es noch Julian und Leonie, die zwölf und neun Jahre alt waren. Mit Leonie verstand Pauline sich besonders gut, die beiden kuschelten fast jeden Abend auf dem bunten Teppich in Leonies Zimmer. Nur jetzt war das Mädchen allein in ihrem Zimmer und verpackte Geschenke. Selbst Pauline durfte nicht zusehen, dabei hätte sie bestimmt nichts verraten. So langsam wurde das Grummeln in Paulines Bauch unerträglich. Sie erhob sich und stupste Mama Pott ins Bein. „Hunger!“, grunzte sie vorwurfsvoll.

„Ach, entschuldige, Schnüffelchen“, sagte Mama Pott und holte schnell den Karton mit den Plätzchen vom Regal. Doch als sie ihn öffnete, sagte sie streng: „Oh nein, Pauline!"

 

                                                                  

 

3.       Was war denn jetzt schon wieder los? Ahnungslos schnupperte Pauline an ihrem Plätzchen-Karton. Da bekam sie einen riesigen Schreck. Es lagen noch genau zwei Plätzchen darin! Dabei waren es gestern doch sieben gewesen. Sieben minus zwei ergab fünf, das wusste Pauline aus Leonies Matheheft. Irgendwer musste also die fünf Kekse, ihre fünf Kekse!, gefuttert haben. Paulines Spürsinn erwachte. Die Potts schieden aus, denn die hatten ihre eigenen Plätzchen mit Schokolade, Zuckerguss und bunten Streuseln. Es gab nur einen einzigen, der Paulines Plätzchen gemopst haben konnte. Aber wie er das geschafft haben sollte, war für Pauline unerklärlich. "Eddie!", rief sie lauthals. Sie wollte mit ihrer Nase Eddies Fährte aufnehmen, doch das war gar nicht nötig. Im Flur streckte die kleine Wühlmaus ihren Kopf aus Julians Bommelmütze hervor. „Wieso Eddie?", fragte sie. „Ich heißte Teddy."

 

                                                                                                                                       

 

4. Pauline starrte die Wühlmaus an. „Hast du den Verstand verloren, Eddie?", fragte sie. „Wieso nennst du dich seit Neuestem Teddy?" Sie schnupperte. „Du riechst auch ganz sonderbar. Ich glaube, du hältst dich schon zu lange im Haus auf."

„Natürlich!" Eddie-Teddy strich sich fein säuberlich über seine Schnurrhaare. „Hier gibt es ja auch die leckersten Dinge zu futtern: Kekse aus feinem Kastanienmehl ..."

„Ha, du gibst es also zu!", fuhr Pauline ihn an. Das war wirklich der kürzeste Detektivfall aller Zeiten. Und der Unverschämteste. 

„Was soll ich zugeben?", fragte Eddie-Teddy verständnislos.

„Dass du meine Plätzchen geklaut hast", erwiderte Pauline ungeduldig.

„Na ja", wand Eddie-Teddy sich. „Also ..."

In diesem Moment klingelte es an der Haustür. 

 

                                                           

 

5.        „Ja, ich komme!", rief Mama Pott. Pauline war wie immer als Erste an der Tür. Sogar Eddie-Teddy hatte sie dafür links liegen gelassen. 

Durch das kleine Fenster in der Haustür sah sie, dass Dörte Dickendorf vor der Tür stand. „Oh nein, auch die noch", stöhnte sie. Das einzig Gute an Dörte war ihre Münsterländer-Hündin Cassie, die beste Freundin von Pauline. Ansonsten fand Pauline, dass Dörte eine Angeberin war. Immer wollte sie überall die Beste sein. Außerdem träumte sie vom großen Geld und dafür tat sie manchmal Dinge, die nicht richtig waren. Jetzt lächelte Dörte, als Mama Pott ihr die Tür öffnete. Sie blies in ihre verfroreren Hände und fragte liebenswürdig: „Hast du schon das Paket für mich fertig?"

 

                                                                    

 

6.        „Das Paket für DICH?", fragte Mama verblüfft und auch Pauline fand das sehr seltsam. Sie konnte sich nicht daran erinnern, dass sich die Dickendorfs und die Potts jemals etwas zu Weihnachten geschenkt hatten. Und jetzt verlangte Dörte einfach ein Geschenk, das war doch irgendwie dreist.

„Ja, du weißt doch, dass ich zu Weihnachten Pakete an arme Kinder verschicke", erklärte Dörte. „Du wolltest mitmachen."

Das war natürlich etwas anderes. Mama Pott schlug sich mit der Hand an die Stirn. „Ach ja. Du, entschuldige, in dem ganzen Weihnachtsstress bin ich noch gar nicht dazu gekommen. Ich sag Leonie und Julian gleich Bescheid, dass sie ein paar Spielsachen von sich spenden sollen."

„Danke, das ist sehr nett von euch", antwortete Dörte und Pauline verschlug es fast das Grunzen. Die Weihnachtszeit hatte Dörte anscheinend verwandelt. Sie wollte gerade ihren Kopf an Dörtes Bein schubbern, da sagte diese: „Was gibt es bei euch eigentlich an Weihnachten zu essen? Wildschweinbraten? Hahahaha ..."

 

                                                                 

 

 7.        Pauline quiekte entsetzt auf. Am liebsten hätte sie Dörte jetzt mit der Schnauze in den Bauch geboxt, aber Mama Pott zog sie schnell zurück. „Das ist nicht lustig, Dörte", sagte sie streng und Pauline blickte sie dankbar an. 

„Ach, bist du seit Neuestem auch noch bei der Witze-Polizei?", erkundigte sich Dörte und verabschiedete sich gackernd. Mama Pott war nämlich die Dorfpolizstin von Wurz. Zu Paulines Leidwesen hatte es aber noch nie einen nennenswerten Einsatz gegeben. In Wurz passierte nämlich nichts. Die neue Gefängniszelle war noch unbenutzt, denn kein Krimineller hatte sich je in das kleine Dorf verirrt. Außer vielleicht ... Pauline musste an Eddie denken, den Plätzchendieb. Das war ja wohl auch kriminell, oder? Sie drehte sich um. In Julians Mütze war die Wühlmaus natürlich nicht mehr. Doch dann entdeckte Pauline sie bei den Schuhen. Aus Leonies Stiefel streckte sie vorwitzig ihren Kopf heraus und geich dahinter - Pauline traute ihren Augen nicht. 

 

                                    

 

8.        „Oh, ich sehe alles doppelt!", grunzte Pauline verwirrt. Sie hatte vor drei Tagen heimlich am Glühwein von Papa Pott genippt. Aber so späte Folgen konnte das doch nicht haben, oder?

„Nein, du siehst nicht doppelt", sagte Eddie fröhlich und jetzt bemerkte Pauline auch, dass er wie immer roch, nach Erde und ein bisschen Pupsi. Eddie hatte nämlich leider öfters mit Blähungen zu kämpfen. Außer Pauline schien das aber niemanden zu stören. Die Potts jedenfalls wussten gar nicht, dass Eddie existierte. Er war so klein, dass sie ihn noch nie bemerkt hatten. 

„Das ist mein Bruder Teddy", stellte Eddie nun die andere Wühlmaus vor. „Entschuldige bitte, wir hatten solchen Hunger."

„Ach, und da musstet ihr zu zweit FÜNF Plätzchen essen? Ohne mich zu fragen!", sagte Pauline beleidigt. Ein Plätzchen hätte sie verschmerzen können, das hätte für die beiden Winzlinge völlig gereicht. Jetzt hatten sie sich wahrscheinlich überfressen und Pauline wusste, dass das nur wieder in nerviger Pupserei enden würde. 

„Ich konnte dich nicht fragen, sonst wäre meine Überraschung dahin gewesen", sagte Eddie geheimnisvoll.

 

                                                                   

 

9.        Überraschung? Pauline liebte dieses Wort. Allerdings nicht aus Eddies Mund. „Tolle Überraschung, wenn du alle meine Plätzchen auffrisst", motzte sie. „Los, sag schon, was es ist!"

„Natürlich nicht", antwortete Eddie. „Aber es ist ja nicht mehr lange bis Weihnachten."

Er hatte jedoch nicht mit Teddy gerechnet. „Es wird ganz toll! Wir haben alle mitgeholfen."

„Wer alle?", fragte Pauline misstrauisch. 

„Ja, wir sind doch extra auf Weihnachtsbesuch gekommen", plapperte Teddy weiter, bis Eddie ihm einen Rippenstoß gab. 

Pauline schwante Schreckliches. „Eddie?" Sie blickte die kleine Pupsmaus fragend an. 

„Ja, gut, ein paar meiner Verwandten sind da", gab Eddie nun ohne weitere Umschweife zu. „Möchtest du sie kennenlernen? Ich habe sie auf dem Dachboden einquartiert."

 

                                                                     

 

10.    Eigentlich hatte Pauline keine große Lust auf Eddies und Teddys Verwandten. Aber ihre Neugier siegte und so quälte sie sich hinter den beiden Mäusen die schmale Treppe zum Dachboden hinauf. Die Stufen knacksten verdächtig, denn das alte Bauernhaus der Potts war an vielen Stellen renovierungsbedürftig. Die Tür zum Dachboden war verzogen, deshalb stand sie immer einen kleinen Spalt offen. Ein perfektes Schlupfloch für Mäuse, dachte Pauline und schob die Tür mit ihrer Nase so weit auf, dass sie hindurchpasste. Hinter einer alten Kommode sah sie dann die Bescherung. Ein winziger Tannenzweig lag da und war mit kleinen Nussstückchen geschmückt. Außerdem saßen etwa 25 Wühlmäuse um eines von Paulines runden Plätzchen herum und schauten nun teils ängstlich, teils neugierig auf Pauline. „Verehrte Frau Schnüffel", ergriff nun eine leicht ergraute Maus das Wort. „Dürfen wir Sie einladen, das Weihnachtsfest in Bälde mit uns zu feiern?"

 

                                                                

 

11. Pauline wusste nicht, was sie sagen sollte. Dass der ältere Mäuserich so höflich mit ihr sprach, schmeichelte ihr. Ein bisschen fühlte sie sich wie eine feine Dame. „Röffel", grunzte sie verlegen und vergaß sogar, sich über ihren angeknabberten Keks aufzuregen. 

„Opa, rede doch nicht immer so geschwollen", meinte Eddie. 

„Julian, Leonie, packt jetzt bitte die Pakete für Dörte zusammen!", erschallte Mama Potts Stimme von unten. Kurz darauf hörte Pauline Getrampel auf der Treppe zum Dachboden. Sie zuckte zusammen, als wenig später Leonie vor ihr stand. „Schnüffel, was machst du denn hier?", fragte Leonie verwundert und kraulte Pauline die Ohren. Sofort grunzte Pauline wohlig los. Dabei gab sie sich Mühe, die Mäusefamilie möglichst zu verdecken. Doch so dick Pauline auch war, Leonie entdeckte die Mäusefamilie trotzdem.

 

                                                                   

12.    „Oh, wie goldig!", entfuhr es Leonie. Pauline atmete erleichtert auf. Leonie war einfach die Beste, so was von tierlieb. Doch leider hatte sie die Rechnung ohne Julian gemacht, der nun auch auf dem Dachboden stand. „Ach, du dickes Weihnachtsei!" Er kratzte sich am Kopf. „Hier oben sind tausend Mäuse!", brüllte er dann. 

Leonie sah ihn böse an. „Du kannst wohl nicht zählen!", fauchte sie ihn an. 

„Was ist los?" Mama und Papa Pott hatten alles stehen und liegen gelassen und waren ebenfalls auf den Dachboden geeilt. Das war nun endgültig zu viel für die Mäuse. In alle Richtungen stoben sie davon. Mama und Papa Pott hatten sie aber trotzdem noch gesehen. Mama Pott war ganz blass geworden. „Mäuse im Haus, och nee", jammerte sie. 

„Wieso, wir haben doch auch ein Wildschwein", meinte Leonie unbekümmert. „Da kommt es auf ein paar Mäuse auch nicht mehr an. Sie sind so süß."

„Ja", gab Papa Pott zu, der auch sehr tierlieb war. „Aber sie knabbern alles an."

„Und kacken überall hin", fügte Julian hinzu.

„Die Mäuse müssen unbedingt weg!", entschied Mama Pott.

 

                           

                                                            

 

13.    Pauline hatte es geahnt. Ab jetzt hatte Eddies Familie keine ruhige Minute mehr. Aber auch das Leben der Potts war auf den Kopf gestellt. Ständig begegnete ihnen irgendwo Mäuse. Mal schaute eine aus der Klopapierrolle hervor, mal hinter den Vorratsdosen in der Küche, mal unter dem Kopfkissen, aus dem Zahnputzglas oder einem Mantelärmel. Der Plätzchenteller auf dem Wohnzimmertisch war besonders beliebt und auch beim Christbaumschmücken fiepte es hier und da. Doch die Mäuse waren flink und entwischten immer. „Wenn das so weitergeht, muss ich den Kammerjäger bestellen", seufzte Mama. Was der mit Eddie und seiner Familie machen würde, wollte Pauline sich lieber nicht vorstellen. Tante Berta hatte schon das Weite gesucht, jedenfalls vermissten die anderen Mäuse sie. Niemand wusste, was mit der Mäusedame geschehen war. Abends auf dem bunten Teppich grunzte Pauline Leonie das Problem ins Ohr. Leider verstand Leonie die Schweinesprache nicht. Aber sie hatte glücklicherweise ähnliche Gedanken wie Pauline. 

 

                                         

 

14.    „Die armen Mäuse", sagte Leonie. „Sie sollen doch auch eine schöne Mäuseweihnacht feiern können. Aber bei uns im Haus geht das nicht", meinte sie. „Ich muss eine Lösung für sie finden. Schade, dass du mir nicht helfen kannst, Schnüffel." Pauline quiekte empört auf. Sie war ein Polizeischwein, und es hieß doch immer: „Die Polizei, dein Freund und Helfer." Das traf auf sie hundertprozentig zu. Ihre Familie kapierte das nur nicht. Menschen eben! Pauline wurde auch nicht klug daraus, warum sie sich komische glitzernde Sachen an ihre Tanne hängten. In Naturgrün war sie doch viel schöner. Aber egal, Hauptsache, es duftete nach Wald und Plätzchen und ... Die Türklingel riss sie aus ihren Gedanken. Pauline sprang auf. Wer war das denn nun zu so später Stunde?

 

                                                                    

 

15.    Draußen stand schon wieder Dörte. „Was gibt es denn noch?", fragte Mama Pott irritiert. „Julian hat dir doch schon zwei Päckchen vorbeigebracht."

„Das ist es ja!", kreischte Dörte etwas zu schrill. „In dem Paket von Leonie war eine Maus. Das ist ja wohl ekelhaft. So kann ich das doch nicht ver... ähm, spenden!"

Pauline horchte auf. Eine Maus in Julians Päckchen? Das konnte doch nur Tante Berta sein. 

„Oh, entschuldige", sagte Mama Pott mit hochrotem Kopf. „Wir haben zurzeit eine Mäuseplage."

Dörte rümpfte die Nase. „Das wundert mich bei eurem heruntergekommenen Haus kein bisschen. Ich bringe dir morgen ein paar Mausefallen vorbei."

„Ich weiß nicht ...", wandte Mama Pott zögerlich ein.

„Willst du euer Weihnachtsessen mit einer Horde Mäuse teilen?", fragte Dörte kopfschüttelnd. „Meine Fallen sind todsicher!"

 

                                                                        

 

16.  Bei diesen Worten wurde Pauline ganz kalt. Wahrscheinlich weil Dörte so eiskalt war. Pauline wollte Eddies Besucher zwar auch loswerden, aber doch nicht so! Eins war aber sicher, bis morgen mussten die Mäuse weg sein, denn sonst würden sie das Weihnachtsfest wohl nicht erleben. Pauline suchte Eddie und fand ihn in einem leeren Blumentopf im Keller. Die Schnurrhaare der kleinen Wühlmaus begannen zu zittern. „Aber wo sollen wir denn hin bei der Kälte?", fragte er verzweifelt. Das wusste Pauline leider auch nicht. „Die Wurzeln im Garten dürfen wir nicht annagen, also werden wir verhungern", jammerte Eddie. Nun gesellte sich noch eine kleine pummelige Maus zu ihnen, die nicht aussah, als könnte sie in den nächsten zwei Tagen verhungern. „Guten Abend, ich bin Tante Berta", stellte sie sich Pauline vor. „Diese Dörte!", schnaufte sie, „ist eine Betrügerin!"

 

                                                                         

                                                            

 

17.  „Eine Betrügerin?", fragte Pauline und ihre Borsten stellten sich auf. Dörte hatte schon öfters krumme Sachen gemacht. „Was hat sie denn diesmal angestellt?", wollte Pauline wissen. 

„Sie verschickt eure Pakete gar nicht an arme Kinder, sondern verkauft sie auf dem Weihnachtsmarkt", erzählte Tante Berta und strich sich empört über die Schnurrhaare.

„Das ist ja wirklich die Höhe", schimpfte jetzt auch Eddie. „Uns will sie um die Ecke bringen und sich selbst mal wieder reich machen. Ich sag ja, sie gehört in die Gefängniszelle von Mama Pott."

Das sah Pauline auch so. „Aber erst mal müssen wir es ihr beweisen", meinte sie. „Hast du zufällig eine Duftmarke in dem Paket hinterlassen?", fragte sie Tante Berta. Die pummelige Maus senkte den Kopf. „Ja, irgendwann musste ich leider mal für alte Tanten", sagte sie leicht beschämt.

„Sehr gut", antwortete Pauline zufrieden. „Dann habe ich schon eine Idee."

 

                                                                              

 

18.    In Wurz war heute der letzte Tag Weihnachtsmarkt. Die ganze Familie Pott ging dorthin und Pauline durfte mitkommen. Die herrlichsten Düfte schlugen ihr entgegen, nach gebratenen Mandeln, Zuckerwatte oder Pommes. Pauline lief das Wasser im Mund zusammen, aber sie musste sich zusammenreißen. Sie hatte eine Mission zu erfüllen. Leonie kaufte sich eine Tüte heiße Maronen und pustete, dass sie schneller abkühlten. „Hier, für dich, Schnüffelchen", sagte sie dann und schob Pauline eine Marone ins Maul. Lecker! So gestärkt konnte Pauline sie direkt zu Dörtes Stand ziehen. „Kauft meine Überraschungspakete!", rief Dörte lächelnd in die Menge. Sie hatte eine Nikolausmütze auf dem Kopf, die ihr einige Nummern zu klein war. Von wegen Überraschung, dachte Pauline grimmig. Auch bei Dörte liebte sie dieses Wort überhaupt nicht. „Hallo Dörte!", rief Papa Pott. „Sollen wir auch noch eine Weihnachtsüberraschung bei dir kaufen?" 

 

                                                                                                           

 

19.    Als Dörte die Potts sah, schob sie schnell zwei Pakete beiseite, doch Pauline entging es nicht. „Gerne!", rief Dörte lachend. „Ein Paket kostet 20 Euro."

„Das ist ja nicht gerade preiswert", erwiderte Papa Pott, aber er zückte seine Geldbörse. Normalerweise hätte Pauline irgendwie versucht, ihn davon abzuhalten, dass er etwas bei Dörte kaufte. Doch jetzt wollte sie, dass er genau das richtige Päckchen kaufte. Also schnupperte sie mit ihrer Supernase am Boden entlang. Schon bald hatte sie Tante Bertas Fährte aufgenommen. Ihre kleinen Mäuseköttel rochen genau aus dem Päckchen heraus, das Dörte gerade unter den Tisch geschoben hatte. Pauline packte das Päckchen mit ihren Zähnen und zog es hervor. Dabei riss schon eine Ecke des Papiers ab. Ratsch! „Du dummes Schwein", schimpfte Dörte und wollte Pauline das Paket abnehmen. Papa Pott zog Pauline schnell an sich heran. „Mensch, Schnüffel, du kannst hier doch nicht einfach was kaputtmachen", meinte er vorwurfsvoll. Zu Dörte sagte er: „Wir kaufen das Paket natürlich."

Dörte wurde rot und winkte ab. „Ach was, nicht nötig."

 

                                                                          

 

20.    „Ach, doch!", rief Julian und Leonie fügte hinzu: „Pauline hat das Paket ja für uns ausgesucht." Leonie nahm das Paket und Dörte konnte nicht verhindern, dass sie es sofort aufpackte. „Hä?" Verdutzt wühlte Leonie in dem Päckchen herum. „Da ist ja mein altes Springseil, das Puppenservice ..."

"... und mein Spielzeugauto, das ich gespendet habe", stellte Julian nun ebenfalls fest. „Und ..." er verzog angewidert das Gesicht, „Mäuseköttel, igitt!"

Stolz sah Pauline ihre Familie an. Sie hatte es gleich gewusst, doch leider nahm in diesem Moment keiner Notiz von ihr. „Was für ein Zufall!", meinte Papa Pott nur und Pauline verdrehte die Augen.

„Ein sehr sonderbarer Zufall", sagte da zum Glück Mama Pott. Leider war sie nicht im Dienst. Mit Polizistenmütze hätte sie noch besser zur Tat schreiten können, fand Pauline. Aber auch so konnte Mama Pott ein strenges Polizistengesicht aufsetzen. „Dörte, was hast du dazu zu sagen?", fragte sie in einem scharfen Tonfall.

 

                                                                   

 

21.    Dörte senkte den Kopf. Ihr Gesicht war mindestens so rot wie die kleine Nikolausmütze auf ihrem Kopf. „Ja, also, das muss mir aus Versehen passiert sein", haspelte sie.

„Aus Versehen? Das glaubst du doch selbst nicht", fiel Papa Pott ihr ins Wort.

„Dörte, wenn du das Geld, das du mit den Paketen eingenommen hast, nicht auf der Stelle spendest, dann stecke ich dich über Weihnachten in die Gefängniszelle", sagte Mama Pott jetzt drohend. „Dann kannst du darüber nachdenken, wie arm manche Menschen sind."

„Ihr habt ja recht", antwortete Dörte kleinlaut. Ohne weitere Diskussion übergab sie Mama Pott die Kasse mit dem Geld. „Hier, nimm sie mit, bevor ich noch mal auf dumme Gedanken komme." Pauline hätte sie gern in der Gefängniszelle gesehen, aber Mama Pott ließ leider mal wieder Gnade vor Recht ergehen.

„Und ich möchte meine Nikolausmütze zurück", verlangte Leonie jetzt. "Die hatte ich nämlich auch in das Paket gepackt. Aber jetzt brauche ich sie noch."

Beschämt nahm Dörte die Nikolausmütze ab und überreichte sie Leonie. 

 

                                                              

 

22.   Am Abend kuschelten Leonie und Pauline wieder auf dem bunten Teppich. Leonie hatte Pauline die Nikolausmütze aufgesetzt und zog nun ein großes Stück Käse hervor. Da Pauline ein Allesfresser war, lief ihr sofort das Wasser im Schweinemund zusammen. „Der ist für die Mäuse", sagte Leonie und Pauline guckte sie enttäuscht an. „Ja, den Rest kriegst du!" Leonie lachte. Ausnahmsweise hatte sie Paulines Blick mal verstanden. „Und das ist auch für die Mäuse." Sie deutete auf einen großen Umzugskarton und flüsterte Pauline ihren Plan ins Ohr. Und der war genial. Mama Pott hatte inzwischen die Mausefallen von Dörte bekommen, deshalb mussten sie sich beeilen. Leonie stellte den Karton in den Garten hinter den kleinen Geräteschuppen. Dort war er windgeschützt. Dann füllte sie Stroh hinein, auf das sie einen Tannenzweig, Nüsse, Brotstückchen, Speck und etwas von dem Käse legte. Anschließend gingen sie wieder ins Haus. Sorgfältig trapierte Leonie ein Stückchen Käse auf Paulines Kopf. 

 

                                                                        

    

23.    Tante Berta kam als Erstes. „Oh, was für ein leckerer Käse", sagte sie verzückt und huschte an Paulines linkem Ohr vorbei auf ihren Kopf. Blitzschnell stülpte Leonie die Nikolausmütze über die pummelige Maus. „Hilfe!", rief Tante Berta dumpf.

„Hab keine Angst", beruhigte Pauline sie. „Wir bringen dich in Sicherheit."

Leonie führte Pauline in den Garten und dort setzte sie Tante Berta in den Karton. „Fröhliche Weihnachten", flüsterte sie, während Berta sich schon über einen Speckwürfel hermachte.

Eine Maus nach der anderen trug Pauline auf diese Weise nach draußen. Mama und Papa Pott wunderten sich zwar ein bisschen, dass Pauline und Leonie ständig in den Garten wanderten und dass Pauline nun diese kleine Nikolausmütze aufhatte. Aber sie sagten nichts. Schließlich war ja morgen Weihnachten und da durfte man auch seine Geheimnisse haben.

 

                                                                                 

 

24. Wie alles weiterging: 

Dörte feierte glücklich mit ihrer Familie Weihnachten und war froh, dass sie mit ihrer Betrügerei so glimpflich davongekommen war. Insgeheim aber überlegte sie schon, wie sie beim nächsten Mal geschickter an Geld kommen konnte.

Mama Pott hatte den Erlös aus den Überraschungspaketen an eine Organisation für Waisenkinder gespendet. 

Alle außer Leonie und Pauline wunderten sich, dass sie mit den Mausefallen keine einzige Maus gefangen worden war und auch keine Maus mehr im Zahnputzglas oder sonst wo auftauchte. Aber das war den Potts nur recht - tote Mäuse an Weihnachten hätten nicht so gut zum Fest der Liebe gepasst. So konnten sie einen schönen Heiligen Abend feiern. Pauline bekam von Leonie ein großes Kissen geschenkt. Es war rot mit weißen Herzen und wurde direkt neben den Kachelofen gelegt. Außerdem lag unter dem Christbaum noch eine große Leberwurst, die sie genüsslich verspeiste, während ihre Familie sich Kartoffelsalat mit Würstchen schmecken ließ. Damit war Pauline eigentlich schon mehr als zufrieden. Doch dann kam Eddie. Irgendwie hatte er sich wieder ins Haus gemogelt und flüsterte Pauline ins Ohr: „Draußen wartet noch unsere Überraschung auf dich."

„Oh", antwortete Pauline etwas betroffen. „Ich habe aber gar nichts für euch."

„Du hast uns gerettet, ein besseres Geschenk gibt es nicht", sagte Eddie und musste vor lauter Dankbarkeit einmal kräftig pupsen. „Komm jetzt."

Draußen führte Eddie sie zu einem leeren Beet. Die Lichterketten in den Bäumen erhellten den Garten. Leider hatte es wie so oft nicht geschneit, aber was Pauline sah, war viel besser als Schnee. Eddie hatte mit seiner Mäusefamilie ein großes Schlammloch gezaubert. Und Schlamm liebte Pauline fast so sehr wie Leberwurst. Mit einem wohligen Grunzen sprang sie in die Kuhle und wälzte sich im Dreck. 

 

„Pauline!", rief Papa Pott wenig später entsetzt, als er sie wieder ins Haus holte. Aber weil Weihnachten war, wurde nicht geschimpft. Pauline kam augenblicklich in die Badewanne und wurde sauber geschrubbt. Danach kuschelte sie sich müde auf ihrem neuen Kissen zurecht. Sie wollte gerade einnicken, da ging die Wohnzimmertür auf und Leonie kam mit ihrer Bettdecke hereingetappt. „Weißt du, heute schlafe ich mal bei dir", sagte sie und legte sich neben Pauline an den Ofen. „Der Tannenbaum riecht so gut", murmelte Leonie. „Fast wie im Wald." Das fand Pauline auch und gemeinsam schliefen die beiden ein und träumten allerhand schöne Dinge.

 

                                                                   

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